IV.11 Abend. Ein kleines reinliches Zimmer (Evening. A neat little room)


Faust demands of Mephistopheles to take him into the room of Margaret that he could feel her. Inbetween Mephistopheles has organised a box of jewellery that Faust leaves in Margaret's room. Margaret finds the box and even though she cannot explain, where it comes from she is impressed by their beauty.


Abend.

Ein kleines reinliches Zimmer Evening. A neat little room
 
Margarete ihre Zöpfe flechtend und aufbindend.
MARARETE [plaiting and binding up her braids of hair]
MARGARETE: MARGARET
Ich gäb was drum, wenn ich nur wüßt,
Wer heut der Herr gewesen ist!
Er sah gewiß recht wacker aus
Und ist aus einem edlen Haus;
Das konnt ich ihm an der Stirne lesen-
Er wär auch sonst nicht so keck gewesen.
(Ab.)
I would give something, could I say
Who was that gentleman today!
Right gallant did he seem to be
And of some noble family.
That from his brow I could have told-
Else he would not have been so bold.
[Exit]
Faust und Mephistopheles treten auf
MEPHISTOPHELES and FAUST
MEPHISTOPHELES: MEPHISTOPHELES.
Herein, ganz leise, nur herein!
Come! come in! and on tiptoe!
FAUST (nach einigem Stillschweigen): FAUST. [after a silence]:
Ich bitte dich, laß mich allein!
Leave me alone here, I entreat!
MEPHISTOPHELES (herumspürend): MEPHISTOPHELES [peering about]:
Nicht jedes Mädchen hält so rein.
(Ab.)
Not every girl keeps things so neat.
[Exit]
FAUST (rings aufschauend): FAUST. [looking up and around]:
Willkommen, süßer Dämmerschein,
Der du dies Heiligtum durchwebst!
Ergreif mein Herz, du süße Liebespein,
Die du vom Tau der Hoffnung schmachtend lebst!
Wie atmet rings Gefühl der Stille,
Der Ordnung, der Zufriedenheit!
In dieser Armut welche Fülle!
In diesem Kerker welche Seligkeit!
(Er wirft sich auf den ledernen Sessel am Bette.)

O nimm mich auf, der du die Vorwelt schon
Bei Freud und Schmerz im offnen Arm empfangen!
Wie oft, ach! hat an diesem Väterthron
Schon eine Schar von Kindern rings gehangen!

Vielleicht hat, dankbar für den heil'gen Christ
Mein Liebchen hier, mit vollen Kinderwangen,
Dem Ahnherrn fromm die welke Hand geküßt.

Ich fühl o Mädchen, deinen Geist
Der Füll und Ordnung um mich säuseln,
Der mütterlich dich täglich unterweist
Den Teppich auf den Tisch dich reinlich breiten heißt,

Sogar den Sand zu deinen Füßen kräuseln.
O liebe Hand! so göttergleich!
Die Hütte wird durch dich ein Himmelreich.
Und hier!
(Er hebt einen Bettvorhang auf.)
Was faßt mich für ein Wonnegraus! Hier möcht ich volle Stunden säumen.
Natur, hier bildetest in leichten Träumen
Den eingebornen Engel aus!
Hier lag das Kind! mit warmem Leben
Den zarten Busen angefüllt,
Und hier mit heilig reinem Weben
Entwirkte sich das Götterbild!
Und du! Was hat dich hergeführt?
Wie innig fühl ich mich gerührt!
Was willst du hier? Was wird das Herz dir schwer?
Armsel'ger Faust! ich kenne dich nicht mehr.
Umgibt mich hier ein Zauberduft?
Mich drang's, so grade zu genießen,
Und fühle mich in Liebestraum zerfließen!
Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?
Und träte sie den Augenblick herein,
Wie würdest du für deinen Frevel büßen!
Der große Hans, ach wie so klein!
Läg, hingeschmolzen, ihr zu Füßen.
That through this shrine art stirring to and fro.
Sweet agony of love, possess this heart of mine,
Thou who on dews of hope dost live and yet dost pine.
What sense of quiet breathes around,
Of order, of contentedness!
What riches in this poverty abound!
Within this prison, ah! what blessedness!
[He throws himself on the leather arm-chair by the bed.]
Oh, welcome me, thou who the world now gone
Didst once receive in joy and sorrow, open-armed!
How often, ah! around this fathers'-throne
A flock of children clinging swarmed!

And, thankful for the Christmas gift, maybe
My darling here, her childish cheeks filled out,
Kissed grandsire's withered hand devotedly.

I feel, O maid, thy spirit radiate
Abundance, order, round about,
That, motherly, instructs thee day by day,
Bids thee the cloth upon the table neatly lay,

Even make the sand at thy feet decorate.
O darling hand! So godlike in thy ministry!
The hut becomes a realm of Heaven through thee.
And here!
[He lifts one of the bed curtains.]
What bliss and awe lay hold on me!
Here for whole hours I fain would tarry.
O Nature! Here didst thou in visions airy
Mould her, an angel in nativity.
Here lay the child; with warm life heaving
The tender bosom filled and grew;
And here, with pure and holy weaving,
The image of the gods was wrought anew!
And thou, O Faust, what led thee here? I feel
My very inmost being reel!
What wouldst thou here? What weights thy heart so sore?
O wretched Faust! I know thee now no more.
Does magic play about me, sweet and rare?
Some force impelled me to enjoy without delay,
And now in dreams of love I seem to float away!
Are we the sport of every puff of air?
And if this very moment she might enter here,
For thy rash conduct how wouldst thou atone!
Thou, great big lout, how small wouldst thou appear!
How, melted at her feet, thou wouldst lie prone!
MEPHISTOPHELES (kommt): MEPHISTOPHELES.
Geschwind! ich seh sie unten kommen.
Be quick! I see her coming down the lane.
FAUST: FAUST.
Fort! Fort! Ich kehre nimmermehr! Away! I'll never come back here again!
MEPHISTOPHELES: MEPHISTOPHELES.
Hier ist ein Kästchen leidlich schwer,
Ich hab's wo anders hergenommen.
Stellt's hier nur immer in den Schrein,
Ich schwör Euch, ihr vergehn die Sinnen;
Ich tat Euch Sächelchen hinein,
Um eine andre zu gewinnen.
Zwar Kind ist Kind, und Spiel ist Spiel.
Here is a casket, of some weight,
Which I got elsewhere as a bait.
Here, put it in the press, this minute;
She'll lose her senses, I swear it to you.
In fact, I put some trinkets in it,
Enough another nobler maid to woo;
But still a child's a child, and play is play.
FAUST: FAUST.
Ich weiß nicht, soll ich?
I don't know if I should?
MEPHISTOPHELES: MEPHISTOPHELES.
Fragt Ihr viel? Meint Ihr vielleicht den Schatz zu wahren?
Dann rat ich Eurer Lüsternheit,
Die liebe schöne Tageszeit
Und mir die weitre Müh zu sparen.
Ich hoff nicht, daß Ihr geizig seid!
Ich kratz den Kopf, reib an den Händen-
(Er stellt das Kästchen in den Schrein und drückt das Schloß wieder zu.)
Nur fort! geschwind!
Um Euch das süße junge Kind
Nach Herzens Wunsch und Will zu wenden;
Und Ihr seht drein
Als solltet Ihr in den Hörsaal hinein,
Als stünden grau leibhaftig vor Euch da
Physik und Metaphysika!
Nur fort!
(Ab.)
Why ask you, pray?
Do you perhaps intend to hoard the treasure?
Then I'd advise you in your lustfulness
To waste no more sweet hours of leisure
And spare me further strain and stress.
I hope that you're not greedy!
I rub my hands, I scratch my head-
[He puts the casket in the press and turns the lock again.]
Away and speedy!-
To turn the sweet young child that she be led
To satisfy your heart's desire and will;
And you look around
As if to a lecture you were bound,
As if before you, living still,
Stood Physics and Metaphysics grey!
But off! away!
[Exeunt.]
MARGARETE mit einer Lampe. MARGARET [with a lamp]:
Es ist so schwül, so dumpfig hie
(sie macht das Fenster auf)
Und ist doch eben so warm nicht drauß.
Es wird mir so, ich weiß nicht wie-
Ich wollt, die Mutter käm nach Haus.
Mir läuft ein Schauer übern ganzen Leib-
Bin doch ein töricht furchtsam Weib!
(sie fängt an zu singen, indem sie sich auszieht.)
Es war ein König in Thule
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.

Es ging ihm nichts darüber,
Er leert ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
Sooft er trank daraus.

Und als er kam zu sterben,
Zählt er seine Städt im Reich,
Gönnt alles seinem Erben,
Den Becher nicht zugleich.

Er saß beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Vätersaale,
Dort auf dem Schloß am Meer.

Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Flut.

Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer,
Die Augen täten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.

Here is such close such sultry air!
[She opens the window.]
And yet it's really not so warm out there.
I feel so strange - I don't know how-
I wish that Mother came home now.
From head to foot I'm shuddering-
I'm but a foolish, fearsome thing!
[She begins to sing while she undresses.]
There was in Thule olden
A king true till the grave,
To whom a beaker golden

His dying mistress gave.
Naught prized he more, this lover,
He drained it at each bout;
His eyes with tears brimmed over,
As oft he drank it out.

And when he came to dying,
His towns and his lands he told,
Naught else his heir denying
Except the beaker of gold.

Around him knight and vassal,
At a royal feast sat he
In his fathers' lofty castle,
The castle by the sea.

There the old pleasure-seeker
Drank, standing, life's last glow,
Then hurled the sacred beaker
Into the waves below.

He saw it plunging, drinking,
And sinking in the sea,
And so his eyes were sinking,
Never one drop more drank he.

(Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das Schmuckkästchen.)

[She opens the press to put away her clothes and catches sight of the little jewel-casket.]

Wie kommt das schöne Kästchen hier herein?
Ich schloß doch ganz gewiß den Schrein.
Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne sein?
Vielleicht bracht's jemand als ein Pfand,
Und meine Mutter lieh darauf.
Da hängt ein Schlüsselchen am Band
Ich denke wohl, ich mach es auf!
Was ist das? Gott im Himmel! Schau,
So was hab ich mein Tage nicht gesehn!
Ein Schmuck! Mit dem könnt eine Edelfrau
Am höchsten Feiertage gehn.
Wie sollte mir die Kette stehn?
Wem mag die Herrlichkeit gehören?
(Sie putzt sich damit auf und tritt vor den Spiegel.)
Wenn nur die Ohrring meine wären!
Man sieht doch gleich ganz anders drein.
Was hilft euch Schönheit, junges Blut?
Das ist wohl alles schön und gut,
Allein man läßt's auch alles sein;
Man lobt euch halb mit Erbarmen.
Nach Golde drängt,
Am Golde hängt
Doch alles. Ach wir Armen!

How came this lovely casket in my press?
Indeed I turned the lock most certainly.
It's very strange! What's in it I can't guess.
Someone has brought it as a pledge maybe,
And on it Mother loaned a bit.
Here on the ribbon hangs a little key,
I really think I'll open it.
What is that? God in Heaven! See!
I've never seen such things as here!
Jewels! A noble lady might appear
With these on any holiday.
This chain - how would it look on me?
Ah, whose can all this splendour be?
[She adorns herself with it and steps before the mirror.]
Were but the earrings mine! I say
One looks at once quite differently.
What good is beauty? blood of youth?
All that is nice and fine, in truth;
However, people pass and let it be.
They praise you - half with pity, though, be sure.
Toward gold throng all,
To gold cling all,
Yes, all! Alas, we poor!






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